Dieses Wochenende war in Bonn der „Save the World“-Kongress. Die Besucher wurden hier über wichtige Themen informiert und es wurden verschiedene Organisationen vorgestellt, alles unter dem zentralen Motto: Save the World!
Hierbei ging es vor allem um die zentrale Frage, was jeder einzelne tun kann, um sich wieder mehr für die Umwelt und Gerechtigkeit in der Welt einzusetzen. Eine Aktion hat mich dabei sehr berührt und nachhaltig beschäftigt: Ein Experiment mit etwa 30-40 Personen zum Thema „Wenn wir beim Essen alle an einem Tisch säßen….“
Wenn wir alle an einem Tisch säßen….
Wir wurden hierfür in einen Raum geführt und zu einem gemeinsamen Essen eingeladen. Vor dem Beginn wurden alle Teilnehmer in Gruppen aufgeteilt, um jeweils einen Teil der Weltbevölkerung zu repräsentieren.
Es bildeten sich 4 Gruppen:
Die, die Essen im Überfluss haben (also wir), die, die ausreichend zu Essen haben, die, die zu wenig haben und die, die gar nichts haben.
Dann wurde aufgetischt. Die Gruppe des „zu viel an Essen“ bekam einen großen Teller mit Fleisch und mehreren leckeren Beilagen, dazu verschiedene Getränke, Kerzenschein, schönes Besteck und ein gepflegtes Ambiente, es fehlte an nichts.
Die zweite Gruppe bekam eine ausreichende und gesunde Portion, so wie sie eigentlich sein sollte. Lecker und so viel, dass man satt und zufrieden damit sein kann.
Die dritte Gruppe bekam Reis. Und zwar ausschließlich Reis. Genau so wie es in vielen Teilen der Welt Realität ist: es reicht vielleicht zum Überleben, ist aber mit Hunger und starken gesundheitlichen Einbußen verbunden.
Ich war von den Organisatoren in die letzte Gruppe zugeteilt worden. Diese Gruppe bekam nichts.
Essen unter Beobachtung der gesamten Bevölkerung
Dann ging es los und jeder der Teilnehmer durfte anfangen zu essen. Nicht jedoch, ohne dass sich alle 4 Gruppen gegenseitig beim Essen zugucken durften. Wir saßen alle so, dass jeder die anderen Gruppen gut im Blick hatte. Da meine Gruppe gar nichts zu Essen bekommen hatte, waren wir ausschließlich mit zugucken beschäftigt. Und ich hatte auf einmal die Rolle, in der ich mich in meinem Alltag noch nicht einen einzigen Tag befunden habe: Die Rolle desjenigen, der nichts hat. Nicht mal Reis.
Es war alles andere als schön, sich in diese Rolle hineinzuversetzen. Ich weiß noch, wie ich mir die Gruppe des „zu viel an Essen“ anguckte, mit dem dicken Stück Fleisch und den vielen Getränken und dachte: „Mit welchem Recht?“
Bei diesem Experiment entschied es lediglich der Zufall, ob man das Glück hatte, in die Gruppe des „zu viel an Essen“ gewählt zu werden oder nicht. In der Realität ist es allerdings auch lediglich ein Zufall, zu welcher Gruppen man gehört. Abhängig davon, wo man auf die Welt kommt. In der Realität habe ich deutlich mehr Glück gehabt.
Besonders interessant waren aber auch die Reaktionen der anderen Teilnehmer. Die Gruppe des „zu viel an Essen“ fühlte sich unter der Beobachtung der Anderen sichtlich unwohl. Essen im Überfluss zu haben, wenn andere mit im Raum sind, die gar nichts kriegen, macht keinen Spaß. Bald fragte eine Frau aus dieser Gruppe, ob man den anderen nicht etwas abgeben könne. Gute Frage.
Schade, dass wir in der Realität nicht alle an einem Tisch sitzen. Die Empathie ist sehr schnell da, wenn wir die Ungerechtigkeit direkt vor Augen haben. Wenn wir sie nicht sehen, können wir sie anscheinend gut ausblenden.
Wir müssten eigentlich mal alle über Web-Cams ein gemeinsames Essen simulieren: Wir beobachten beim Essen eine Familie, die in Armut lebt und sich einen kleinen Topf Reis für den Tag aufteilen muss und diese Familie beobachtet umgekehrt uns. Das Ergebnis würde mich sehr interessieren. Wir würden wir uns fühlen? Würde es etwas verändern? Würden wir anders konsumieren? Und würden wir dann immer noch so viel wegschmeißen?
Alternativ können wir einfach anfangen, trotz der großen Entfernung mitzudenken. Unser Ess-und Konsumverhalten hat immense Auswirkungen auf andere Teile der Erde, auch wenn wir das gerne ausblenden. Das zu berücksichtigen, wäre ein erster, wichtiger Schritt.